Extrusion 2-2018
„Recycling hat in der Kunststoffindustrie früh begonnen“ Inwieweit betrifft motan die Kreis- laufwirtschaft? Peter Breuer : Wir arbeiten in dem Be- reich, wo das Rohmaterial beim Kunden ankommt und für die Verarbeitung vor- bereitet wird. Wir haben eine Bindeglied- funktion zwischen dem Hersteller des Materials und dem Verwender. Meistens kommt der Kunststoff als Granulat direkt vom Hersteller aus der Chemiefabrik oder einem Compoundierer. Seit einigen Jahren aber auch von Recyclingunterneh- men. Wir haben also direkte Berührung mit der Kreislaufwirtschaft, da wir die re- cycelten Materialien handhaben. Sind diese sehr gut aufbereitet, unterscheiden sie sich von Neuware nur wenig. Es gibt aber auch Fälle, da hat das recycelte Ma- terial für uns schlechte Eigenschaften. Darauf müssen wir dann reagieren und unsere Geräte und Anlagen so anpassen, dass das Material gehandhabt werden kann. Wieso hinkt die Kunststoffindustrie in puncto Recycling anderen Mate- rialien wie Papier oder Glas hinter- her? Breuer : In der Öffentlichkeit denkt man oft, dass das Recycling ausschließlich aus Stoffströmen der Abfallwirtschaft kommt. Das stimmt so nicht. Recycling hat in der Kunststoffverarbeitung viel früher einge- setzt. Es fing damit an, dass man den Anguss sofort wieder gemahlen und der Neuware zugesetzt hat. Quasi ohne jede Qualitätseinschränkung. Damals hat für mich das Recycling von Kunststoffen schon angefangen, als produktionsnaher interner Kreislauf beim Verarbeiter. Seit Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger Jahre beheizte Angusssysteme einge- führt wurden, wurden diese Produkti- onsabfälle aber drastisch reduziert. Später kam dann Material aus externen Ein Interview mit Peter Breuer, Group Trainings und Innovation Management bei motan holding GmbH 32 Recycling – Interview Extrusion 2/2018 Peter Breuer (Bilder: motan) Stoffströmen hinzu. Also Material, das als Produkt schon einmal genutzt wurde. Mit der Verbreitung der PET-Flasche hat diese erweiterte, weitgehend sortenreine Kreislaufwirtschaft quantitativ stark zu- genommen. In der jüngeren Vergangen- heit kommen nun noch Materialien aus gemischten Strömen hinzu. Die Kunst- stoffindustrie ist also schon lange im Re- cycling-Prozess, aber sie hat dies nie öf- fentlich besonders hervorgehoben. Das war sicher ein Fehler. Diese Zurückhal- tung und eine etwas zögerliche Entwick- lung der letztgenannten Kreisläufe ha- ben nämlich dazu beigetragen, dass das Image von Kunststoff heute nicht beson- ders gut ist und seinen Vorteilen als Werkstoff nicht gerecht wird. PET-Flaschen sind gut zu recyceln. Seit einigen Jahren werden aber ver- mehrt auch andere Kunststoffe recy- celt. Wie gut ist diese Ware? Breuer : Bei kritischen Materialien gibt es häufig große Qualitätsunterschiede. Das Spektrum reicht von guter Aufbereitung und damit einer Neuware sehr ähnlichen Eigenschaften bis hin zu einem Zustand, in dem man es schlicht nicht verarbeiten kann. Es liegt nicht am fehlenden Willen der Industrie, dass heute noch gut die Hälfte der Post-Consumer-Kunststoffab- fälle verbrannt wird. Es gibt einfach auch technische Grenzen bei der Zuführung und Verarbeitung. Ich bin aber zuver- sichtlich, dass sich der Rezyklat-Anteil auch bei kritischen Materialien noch si- gnifikant steigern lässt. Generell gilt aber: Je besser das recycelte Material, desto größer sind die Einsatzchancen. Die EU-Kommission will die Kreislauf- wirtschaft bei Kunststoffen voran- bringen. Was halten Sie davon? Breuer : Es gibt verschiedene Möglich- keiten der Einflussnahme aus Brüssel. Derzeit weiß noch niemand, wo es hin- geht. Möglicherweise werden in Zukunft Quoten festgelegt, zu denen Kunststoff in die Kreislaufwirtschaft eingebracht werden muss. Wenn das kommt, hat das zur Folge, dass bestimmte Märkte künst- lich wachsen – eben die mit dem quotier- ten Material. Andere Märkte dagegen weniger, unabhängig davon, ob dies technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist oder nicht. Damit ist aber niemandem geholfen. Sinnvoller wäre für mich, zunächst für den gesamten EU-Wirtschaftsraum ein- heitliche Sammelstandards zu schaffen, meinethalben auch mit festen Sammel- quoten. Für das eingesammelte Material sind dann definierte Aufbereitungsstan- dards festzulegen sowie lokale Aufberei- tungsquoten, um ein entsprechendes Recycling-Material-Angebot zu initiieren. Exporte sollten hierbei ausgeschlossen
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