Extrusion 2-2022

29 Extrusion 2/2022 Schaumprodukts entscheidenden Schaumeigenschaften nur off- line und manuell bei arbeits- und zeitintensiven Messungen er- fasst werden [HM12a, HM12b]. Aufgrund der fehlenden kontinuierlichen Qualitätssicherung der Schaumstruktur können die Prozessparameter erst nach einer manuellen Offline-Analyse im Labor und damit mit erheblicher zeitlicher Verzögerung mit den erzielten Schaumqualitäten korreliert und optimiert werden, sodass in der Zwischenzeit Ausschuss produziert wird. Diese ma- nuelle und subjektive Methode der Qualitätskontrolle birgt zudem ein hohes Fehlerpotenzial. Zum einen ist die Sichtprü- fung eine monotone Aufgabe, die dennoch ein hohes Maß an Sorgfalt und Aufmerksamkeit erfordert. Das Ergebnis der In- spektion wird mitunter erheblich durch Ermüdungsfehler und die Subjektivität der Prüfer beeinflusst [Ber12, Bor90, NJ95]. Zum anderen ist die Prüfung der Qualitätsmerkmale aufgrund der großen Anzahl von Zellen in der Schaumstruktur sehr zeitinten- siv, sodass nur eine geringe Anzahl an Schaumproben während einer Produktion analysiert werden können [Pet03]. Ein aktueller Forschungsansatz befasst sich daher mit der Ent- wicklung einer automatisierten Schaumstrukturerfassung. Losge- löst von subjektiven Bewertungen einzelner Maschinenbediener soll damit eine objektive und reproduzierbare Bewertung des Schaums mit nachfolgender Anpassung der Maschineneinstel- lungen erfolgen. Die Erprobung dieses Systems findet an einer 3-Schicht- Blasfolienanlage der Firma Kuhne Anlagenbau GmbH, St. Augustin, im Technikum des IKV statt. Der A-B-A- Folienaufbau wird mittels zweier 45 mm Einschnecken des Typs KFB 45/600 (L/D=24) sowie eines Einschneckenextruders des Typs KFB 35/600 (L/D=20) realisiert. Bei den für die Versuche ver- wendeten Schnecken handelt es sich um 3-Zonen-Schnecken mit Scher- und Mischelementen. Zur Herstellung der Schaumfo- lien kommt ein PE-LD (2102N0W) der Firma Sabic Europe, Ge- leen (NL), zum Einsatz. Das physikalische Treibmittel Kohlenstoffdioxid (CO 2 ) wird mittels Optifoam-Technologie der Firma Promix Solutions mit Sitz in Winterthur, Schweiz, in die Schmelze des Extruders der Mittelschicht injiziert. Die ge- schäumte Innenschicht wird somit von den kompakten, aber sehr dünnen und optisch transparenten Randschichten begrenzt. Während der Produktion der Schaumblasfolie werden kontinu- ierlich Proben entnommen und auf einem am IKV entwickelten Messstand analysiert. Der Anlagenaufbau inklusive denkbaren Messständen ist schematisch in Bild 1 dargestellt. Für eine erste Machbarkeitsanalyse wird die Messposition a be- nutzt. Der Messstand besteht hierbei aus Messtisch, Beleuch- tung und Kamera mit Stativ zur Realisierung von reproduzierbaren Aufnahmen durch gleichbleibende Abstände zwischen Kamera und Folienprobe. Die Aufnahme der Bilder er- folgt mit einem 5 MP CMOS Sensor IMX264 mit Global Shutter und einem bi-telezentrischen Objektiv mit einer Vergrößerung von 0,243. Unter Verwendung der Auflichtbeleuchtung erfol- gen die Aufnahmen vor einem schwarzen Untergrund. Die be- trachteten Ausschnitte mit einer Auflösung von 2448 x 2048 Pixeln zeigen einen etwa 3,5 cm mal 2,92 cm großen Bereich des Schaumextrudats. Eine Beispielaufnahme ist in Bild 2 dar- gestellt. Die aufgenommenen Schaumbilder werden von einem lokalen Computer zunächst mit Meta-Daten des aktuellen Pro- zesses versehen. Zu den Meta-Daten zählen einerseits die für eine spätere Rückverfolgbarkeit notwendigen Informationen wie Anlagennummer, Zeitstempel und Rezeptur als auch die aktuel- len Prozesseinstellungen sowie die geforderten Qualitätskrite- rien der derzeitigen Produktion. Zum aktuellen Zeitpunkt erfolgt eine manuelle Eingabe der Prozesseinstellungen. Im weiteren Verlauf des Forschungsvorhabens ist ein automatisches Ausle- sen der aktuellen Prozesseinstellungen über an der Anlage vor- handene Schnittstellen vorgesehen. Die mit Meta-Daten versehenen Bilder werden im Anschluss in- nerhalb der digitalen Infrastruktur des IKV-Technikums in eine MySQL-Datenbank eingespeist. Der Berechnungscomputer für die Bildverarbeitung liest die neuen Einträge der MySQL-Daten- bank ab und führt neue Bilder der nachfolgend beschriebenen Bildverarbeitungskette zu. Die lokale Trennung der Bildauf- nahme im Technikum oder der Produktion und der Bildverarbei- tung in einem separaten Serverraum bietet für die praxisnahe industrielle Implementierung diverse Vorteile. So können die Be- rechnungscomputer einerseits von den Umgebungseinflüssen der Produktion (Schmutz, Luftfeuchte etc.) abgeschirmt werden Bild 3: Exemplarische Darstellung der Architektur der Bildsegmentierung mittels U-Net (Bild: IKV) Eingangsbild Ausgangsbild Faltungsschicht 3x3, ReLU Aktivierungsfunktion Verkettung der Bilder aus Decoder- und Encoderpfad 2x2 Max-Pooling Schicht 2x2 Upsampling-Schicht Faltungsschicht 1x1, ReLU Aktivierungsfunktion 1 32 32 64 64 128 128 256 128 128 64 64 32 32 1 256 256 512 512 512 256 572x572 570x570 568x568 284 2 282 2 280 2 140 2 138 2 136 2 68 2 66 2 64 2 32 2 30 2 50 2 54 2 52 2 104 2 102 2 100 2 200 2 198 2 196 2 392x392 390x390 388x388 388x388 28 2

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