Extrusion 2-2022
Bild 4: Auswertungskette der aufgenommenen Rohbilder hin zu dem Qualitätsvektor der Schaumextrudate und weiterhin kann ein einzelner Auswertungscomputer meh- rere Produktionsanlagen gleichzeitig verwalten (einfache hori- zontale Skalierbarkeit der Produktionsanlagen). Zur Anpassung der Bildqualität an die Anforderungen der ver- schiedenen Bildverarbeitungsmethodiken werden die erzeugten Aufnahmen der Schaumstruktur zunächst verschiedenen Vor- verarbeitungsschritten unterzogen. Diese Vorverarbeitungs- schritte wurden in der Programmiersprache MATLAB R2020b von der Firma The MathWorks, Inc, Natick, USA, implementiert. Die Bilder werden auf eine Größe von 572 Pixel x 572 Pixel re- duziert und in eine Grauskala umgewandelt. Die so vorverar- beiteten Bilder dienen dann als Eingangsdaten für die in der Programmiersprache Python implementierte Zellsegmentierung. Diese basiert auf U-Net Faltungsnetzwerken, die mit dem Keras- Modul der Open-Source-Plattform für maschinelles Lernen TensorFlow implementiert sind [RFB15]. Eine schematische Dar- stellung dieses U-Nets zum derzeitigen Forschungsstandpunkt ist in Bild 3 dargestellt. Das U-Net ist symmetrisch aufgebaut und ähnelt klassischen Auto-Encodern. Auf einem Kontraktionspfad (Encoderpfad) durchläuft das Eingangsbild mit der Größe von 572 x 572 Pixeln einen Stapel von Faltungs- und Max-Pooling-Schichten. Entlang dieses Pfades wird die Größe des Bildes in jeder Stufe reduziert und auf die wesentlichen Kernmerkmale reduziert. Nachdem das Eingangsbild auf die Kerninformationen reduziert wurde findet im darauffolgenden Expansionspfad (Decoderpfad) der Aufbau des Ausgangsbildes statt. Dies geschieht mit einer präzisen Lo- kalisierung durch transponierte Faltungen. Der wesentliche Un- terschied zu anderen Auto-Encoder-Architekturen besteht darin, dass die Encoder und Decoderpfade nicht entkoppelt sind. Durch Übersprungsverbindungen können feinkörnige Informa- tionen der Schichten niedriger Ebenen zu den Schichten des De- coderpfades auf höherer Ebene übertragen werden, sodass die Rekonstruktion von feinen Details möglich wird. Am Ende die- ser Verarbeitung wird ein Binärbild ausgegeben, bei dem die Pixel der Schaumzellen den Wert 1 und die Pixel der Stege bzw. der nicht aufgeschäumten Bereiche den Wert 0 haben. Auf- grund der Funktionsweise der Bildsegmentierung reduziert sich im Vergleich zum Eingangsbild jedoch die Größe des Ausgabe- bildes, wodurch der in nachfolgenden Auswertungsschritten analysierbare Bereich kleiner als der ursprünglich an der Schaum- probe aufgenommene Bereich wird. Für das Training des U-Nets wurden Bildern von Schaumfolien und -platten genutzt, die zuvor von Hand annotiert wurden. Die Binärbilder der zu unter- suchenden Schaumstruktur durchlaufen dann einen Algorith- mus zur Merkmalsextraktion. Bei diesem Algorithmus werden für jede identifizierte Schaumzelle die geometrischen Abmes- sungen erfasst. Das Ergebnis dieses Algorithmus ist der soge- nannte Qualitätsvektor der Schaumprobe, bestehend aus den vom Benutzer zuvor festgelegten Qualitätsgrößen. Der Gesamt- ablauf dieses Vorgehens ist in Bild 4 dargestellt. Der so ermittelte Qualitätsvektor bildet dann in Kombination mit den Meta-Daten der Prozesseinstellungen und gewünschten Produktionsqualität die Grundlage für die Prozessanpassung. Im Rahmen der bisherigen Machbarkeitsanalyse benötigt ein kom- pletter Auswertungsablauf angefangen von der Bildaufnahme bis hin zur Extraktion des Merkmalsvektors circa 15 Sekunden. Mit einer konservativen Schätzung von weiteren 10 Sekunden für die Berechnung von angepassten Prozesseinstellungen erge- ben sich damit mit dem derzeitigen Aufbau die in Tabelle 1 mög- lichen Abstände zur Probennahme. Fazit und Ausblick Im Rahmen des Forschungsvorhabens zur Inline-Erfassung und Klassifizierung der Schaumstruktur mittels digitaler Bildverarbei- tung konnte im IKV-Technikum erfolgreich ein erster Messstand zur Aufnahme von Schaumstrukturbildern anhand von Produk- tionsproben aus dem Blasfolienprozess integriert werden. Im Rahmen der ersten Machbarkeitsuntersuchung wurde dabei zu- nächst ein von der Produktion losgelöster Messaufbau fokus- Tabelle 1: Realisierbare Abstände der Probennahme für die Analyse und Regelung der Schaumextrusion Liniengeschwindigkeit der Produktionsanlage [m/min] 1 5 10 50 Abstand der Probennahme bei Qualitätsermittlung [m] 0,25 1,25 2,50 12,5 Abstand der Probennahme bei Qualitätsregelung [m] 0,42 2,08 4,16 20,83 30 Qualitätssicherung – Aus der Forschung Extrusion 2/2022 Eingangsbild U-Net Merkmals- extraktion Binärbild Qualitätsvektor 10 mm 10 mm Zellumfang Zelldichte Aspektverhältnis Zellfläche
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