Extrusion 2-2022
Methoden dazu führen, dass es keine Kunststoffabfälle mehr gibt, weil sie sich alle in einem Kreislauf bewegen. Und was können die Maschinenbauer tun? Kühmann : Wir arbeiten schon eine ganze Weile daran, Kreis- läufe zu organisieren. Wir haben zum Beispiel inzwischen gute Verfahren, wie man Regranulate wieder in neue, qualitativ hoch- wertige Produkte bringen kann. Dazu müssen ganz verschiedene Technologien ineinandergreifen. Wir haben jetzt auch die digita- len Möglichkeiten, Kunststoffprodukte über ihren gesamten Le- bensweg zu verfolgen, sie zu markieren. Sie werden dadurch transparent gemacht. Man kann jetzt sehen, aus welchen Kunst- stoffen ein Produkt besteht. Das ist enorm wichtig zu wissen, denn am Ende ihres Lebens müssen die Produkte wieder getrennt und auch getrennt wiederaufbereitet werden, damit sie in den Kreislauf zurückgeführt werden können. Diese Aufgabe betrifft den Maschinenbau, sie betrifft die erzeugende Industrie und die verarbeitende Industrie. Und da haben wir wirklich einen sehr engen Austausch. Und das zeigt jetzt auch seine Wirkung. Die Digitalisierung ist also Treiber der Kreislaufwirtschaft? Kühmann : Die Digitalisierung der Wertschöpfungsketten hat zwei wesentliche Effekte. Zum einen die eben genannte Transpa- renz, die eine Nachverfolgbarkeit ermöglicht und damit die Kreis- 38 K 2022 – Interview Extrusion 2/2022 Kunststoff ist immer noch in Verruf. Was kann die Kunststoffindustrie tun, damit die offenkundigen Vor- teile des Werkstoffs nicht vom der- zeit negativen Image überdeckt werden? Thorsten Kühmann : Es muss uns gelin- gen, eine funktionierende Kreislaufwirt- schaft zu etablieren. Denn die Hauptursache für das schlechte Bild, das die Öffentlichkeit vom Kunststoff hat, ist der Abfall, der in der Umwelt und in den Weltmeeren landet. Einfach gesagt: Wir müssen dafür sorgen, dass der Müll eben nicht in die Umwelt gelangt, sondern, so- fern er nicht sogar vermeidbar ist, in einen Kreislauf gebracht wird. Diese Auf- gabe können wir als Industrie bewälti- gen, wenn wir geschlossen auftreten. Ingemar Bühler : Das Abfallproblem ist von der Industrie viel zu lange nicht ernst genug genommen worden – und daher auch nicht angegangen worden. Hersteller oder Verarbeiter haben sich auf den Standpunkt zurückgezogen, dass sie es ja nicht selbst seien, die den Abfall in die Umwelt tragen, was übrigens auch stimmt. Tatsächlich müssen viele der Maßnahmen gegen das Müllproblem von der Politik ergriffen werden. Es braucht Re- gelungen und Gesetze. Dennoch: Auch die Unternehmen und Verbände müssen überlegen, wie sie das Problem in den Griff bekommen. Wir müssen selber etwas tun und Teil der Lösung werden. Was können denn Kunststoffhersteller beitragen? Ist che- misches Recycling ein Teil der Lösung? Bühler : Im Kern geht es beim chemischen Recycling darum, aus einem Kunststoff wieder synthetisches Öl herzustellen, ihn also wieder in seinen Urzustand zu bringen. Daraus lassen sich dann wieder hochwertige Produkte herstellen. Beim mechanischen Recycling ist es dagegen sehr schwierig und aufwändig, aus Re- zyklaten gleich- oder höherwertige Produkte herzustellen. Che- misches Recycling wird in der Zukunft eine gute Ergänzung zum mechanischen Recycling sein, aber es wird es nicht ablösen. Dazu sind die Kapazitäten zu klein und zumindest derzeit der Energieaufwand zu hoch. Aber zusammen können die beiden „Mithilfe der Digitalisierung werden die Produkte gläsern“ Interview mit Thorsten Kühmann, Geschäftsführer Kunststoff- und Gummimaschinen im VDMA und Ingemar Bühler, Hauptgeschäftsführer von PlasticsEurope Deutschland Thorsten Kühmann Ingemar Bühler
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