Extrusion 3-2021
27 Extrusion 3/2021 Kreislaufwirtschaft – Aus der Forschung Fraunhofer LBF spürt Qualitäts- verbesserungen für Kunststoffe auf Am Ende ihrer Nutzungsphase werden Kunststoffe in Deutschland in der Mehrzahl immer noch verbrannt. Obgleich der Bedarf an gesteigerter stofflicher Ver- wertung inzwischen von Industrie und Gesellschaft gleichermaßen formuliert wird, ist ihr Anteil als wert- schöpfende Alternative zur thermischen Verwertung nach wie vor zu gering. Forschende im Fraunhofer- Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässig- keit untersuchen, wie das Potenzial, das insbesondere Kunststoffe aus dem Gelben Sack bieten, besser aus- genutzt werden kann. D as Potenzial stofflicher Kreislaufführung ist in der Theorie erheblich, in der Praxis verhält es sich jedoch noch so, dass aus über sechs Millionen Tonnen Kunststoffabfällen in Deutsch- land (Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle) weniger als zwei Millionen Tonnen Rezyklat entstehen. Laut Conversio Stu- die liegt bei der Verarbeitung von Kunststoffen der Anteil der Rezyklate derzeit noch unter 15 Prozent der Gesamtmenge. Da Kunststoffe aus Rohöl raffinert werden und Rohöl nur in be- grenzter Menge zur Verfügung steht, müssen Kunststoffe so- lange wie technisch möglich in einem Kreislauf gehalten wer- den. Durch Deponieren oder Verbrennen gehen die im Kunst- stoff enthaltenen monomeren oder molekularen Information verloren. Für die Herstellung von Rezyklaten müssen – je nach Anforderung an die Aufbereitung und den Kunststofftyp – zwi- schen 20 bis 50 Prozent mehr an Energie aufgewendet werden, als für Neuware. Gleichzeitig wächst das Interesse und Be- wusstsein des Endverbrauchers um Recyclingkunststoffe. Eine Erhöhung des Rezyklatanteils leistet zudem einen Beitrag zu mehreren Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Na- tionen (United Nations‘ Sustainable Development Goals, SDG). Auf dem Weg zu mehr Zirkularität Die Kreislaufführung von Kunststoffen, die sich bereits in der Nutzungsphase finden, geht in ihrer Komplexität jedoch erheb- lich über das reine Sammeln, Sortieren und Wiederverarbeiten hinaus. Auf dem Weg zu echter stofflicher Zirkularität gibt es in vielen Fällen noch wesentliche Hindernisse und Fragestellun- gen, die einer höheren Rezyklatquote entgegenstehen. Die Feststellung, um welchen Anteil an Rezyklat es sich handelt, ob es sich überhaupt um ein Rezyklat handelt oder doch Neuware vorliegt, ist für den Anwender von zentraler Bedeutung und be- darf häufig gezielter Fach- und Methodenkenntnisse. Auch die Frage, ob Rezyklate in ihrer Performance der Neuware gegen- über ebenbürtig sind, ist von großer Wichtigkeit: Was wird in Bezug auf Parameter wie Festigkeit, Langzeitstabilität und Ver- Ungenutztes Potenzial im Gelben Sack arbeitbarkeit erwartet? Welche Unterschiede in der Lebens- und Gebrauchsdauer bestehen für Rezyklate gegenüber Neu- ware? Wo im Verarbeitungsprozess können Qualitätsverbesse- rungen gezielt eingebracht werden, sodass Rezyklate hinter der Neuware nicht zurückstehen? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Fraunhofer LBF forschen seit Langem an diesen Fragestellungen, damit das Potenzial von Recyclingkunststoffen bald wirtschaftlich und umfassend ausgeschöpft werden kann. Gemische Kunststoffabfälle (oben) und reine, hochwertige Rezyklate (unten) für neue Kunststoffanwendungen, die dem Kreislauf später erneut zugeführt werden können (Foto: Fraunhofer LBF/Raapke) Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF Bartningstr. 47, 64289 Darmstadt, Deutschland www.lbf.fraunhofer.de/de/forschungsbereiche/kunststoffe/recycling.html
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