Extrusion 4-2021
“Verpackungen aus biobasierten Kunststoffen haben sich längst eta- bliert. Wir unterstützen jetzt die Weiterentwicklung dieser Materialien für neue Einsatzbereiche. Wenn der Markt künftig pflanzlich basierte Werkstoffe auch für technisch an- spruchsvolle Aufgaben wie etwa den Fahrzeugbau anbietet, kommt die Bioökonomie einen entscheidenden Schritt voran”, erklärte Uwe Feiler, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, in Potsdam. An- lass war die Übergabe eines Zuwen- dungsbescheides an das Fraunhofer- Institut für Angewandte Polymerfor- schung IAP. Das Fraunhofer IAP will ein Verbundmaterial entwickeln, das vollständig aus biobasierter Poly- milchsäure (PLA) besteht und sich im Vergleich zu herkömmlichen Faserver- bundwerkstoffen deutlich besser recyceln lässt. D as Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert die Entwicklung von Biowerkstoffen im Rah- men des Förderprogramms Nachwachsende Rohstoffe intensiv. Aktuell laufen über 100 Vorhaben, die eine große Bandbreite an Themen abdecken: vom im Meer abbaubaren Kunststoff bis zu naturfaserverstärkten Leichtbauteilen für den Automobilsek- tor. Die Vorhaben werden von der Fachagentur Nachwachsen- de Rohstoffe, dem für das Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe zuständigen Projektträger des BMEL, betreut. Einfacheres Recycling von Faserverbundkunststoffen PLA gehört zu den besonders vielversprechenden biobasierten Werkstoffen. Der weltweite Markt für dieses Polymer wächst jährlich um rund 10 Prozent. PLA kommt unter anderem auch als Matrix in faserverstärkten Kunststoffen zum Einsatz. Bei die- sen mechanisch belastbaren Kunststoffen sind Verstärkungsfa- sern in eine Kunststoffmatrix eingebettet. Im Projekt des Fraunhofer IAP stehen nun diese Verstärkungsfa- sern im Fokus: “Wir entwickeln unsere PLA-Fasern weiter, um diese gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft in den Indus- triemaßstab zu überführen. Diese Fasern eignen sich hervorra- gend zur Verstärkung von PLA-Kunststoffen. Der so entstehen- de, sich selbst verstärkende Einkomponenten-Verbundwerk- stoff verspricht große Vorteile beim Recycling. Da die Faser und 38 Neue Werkstoffe – Aus der Forschung Extrusion 4/2021 Recyclingfähigen, faserverstärkten Werkstoff aus 100 % biobasierter Polymilchsäure entwickelt die Matrix aus PLA chemisch identisch sind, sind aufwändige Trennschritte nicht nötig”, erklärt Dr. André Lehmann, Experte für Fasertechnologie am Fraunhofer IAP. Neuartige PLA-Fasern und -Folien sind thermisch stabiler Bislang stand diesem Ansatz die relativ geringe Temperaturbe- ständigkeit von herkömmlichem PLA im Wege. Technische Fa- sern lassen sich am wirtschaftlichsten im Schmelzspinnverfah- ren herstellen. Das Team des Fraunhofer IAP verwendet nun thermisch stabilere Stereokomplex-PLA (sc-PLA) für die Fasern. Der Begriff Stereokomplex bezeichnet dabei eine spezielle Kris- tallstruktur, die die PLA-Moleküle bilden können. Sc-PLA- Fasern besitzen einen um 40 bis 50 °C höheren Schmelzpunkt und überstehen damit den Einarbeitungsprozess in eine Matrix aus herkömmlichem PLA. Im Projekt entwickeln und optimieren die Forscher*innen einen Schmelzspinnprozess für sc-PLA- Filamentgarne. Partner in diesem Arbeitspaket ist die Trevira GmbH, Hersteller technischer und textiler Faser- und Filament- garnspezialitäten, die unter anderem von Automobilzulieferern und Objektausstattern nachgefragt werden. Als zweites ist die Entwicklung eines Herstellungsverfahrens für sc-PLA-verstärkte Flachfolien geplant. An dieser Aufgabe beteiligt sich der inter- nationale Klebeband-Hersteller tesa SE, der die Eignung der sc- PLA-Folien als Klebefolie prüfen wird. In einem dritten Arbeits- Übergabe des Zuwendungsbescheides am 29. April in Potsdam-Golm. Von links: Prof. Alexander Böker, Leiter des Fraunhofer IAP; Uwe Feiler, Parlamentarischer Staatssekretär BMEL; Dr. André Lehmann, Leiter der Abteilung Fasertechnologie am Fraunhofer IAP; Prof. Johannes Ganster, Leiter des Forschungsbereichs Biopolymere am Fraunhofer IAP (© Fraunhofer IAP, Foto: Till Budde)
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