Extrusion 6-2021
über die Doppelwellen sehr viel mechanische Energie in die Ma- terie eingetragen. Innerhalb von circa 30 Sekunden entsteht eine homogene, stark entgaste, bis zu 350°C heiße Schmelze, in die die Energie sehr effizient eingebracht wurde. Weitere Stoffe wie Katalysatoren können bei Bedarf zudosiert und eingemischt werden. Teilweise werden mit den Kunststoff- abfällen Wasserrückstände oder Chloride aus PVC in geringen Mengen in den Extruder eingebracht. Beides wird über Vaku- umentgasungen am Verfahrensteil des Extruders zuverlässig abgeführt. Doppelschneckenextruder besitzen zahlreiche Vorteile, die beim Chemischen Recycling besonders zum Tragen kommen. Die Technologie deckt einen sehr breiten Durchsatzbereich ab. Auf größeren ZSK-Extrusionsanlagen können bei diesem Pro- zess Durchsätze von bis zu 20 t/h realisiert werden. Dank der sehr wirksamen Arbeitsweise der Doppelschnecken werden Po- lymere verschiedenster Viskositäten zuverlässig plastifiziert. Die plastische Energiedissipation erfolgt in kürzester Zeit. Alle pro- duktberührenden Teile des Extruder-Verfahrensteils können bei Bedarf mit hohem Korrosions- und Verschleißschutz ausgeführt werden, so dass auch die Verarbeitung aggressiver Stoffe lang- zeitig möglich ist. Rückgewinnung der Rohstoffe Im Reaktor wird die Schmelze, die zuvor im Doppelschnecken- extruder auf bis zu 350°C erhitzt wurde, weiter aufgeheizt. Bei bis zu 500°C erfolgt die Pyrolyse der Polymere, die auf dem Prinzip der zufälligen Spaltung basiert und Radikale erzeugt. Gleichzeitig werden unter Sauerstoffausschluss Kettenreaktio- nen ausgelöst, die zur Spaltung der Polymere in ein Gemisch aus flüssigen und gasförmigen Kohlenwasserstoffen führen. Die wichtigsten Faktoren zur Steuerung dieses Prozesses sind die Verweilzeit, die Temperatur und die Art des Pyrolysemittels. Alle anorganischen Bestandteile des Post-Consumer-Abfalls verbleiben im Sumpf des Reaktors und werden dort ausge- schleust. Die organischen Kohlenwasserstoffe der Polymere ver- flüchtigen sich. Sie werden zu Monomeren, petrochemischen Grundstoffen oder Synthesegasen umgewandelt und in einem Destillator zu marktfähigen Produkten, wie Öl, Schweröl oder Wachsen, weiterverarbeitet. Die Universität Gent forscht intensiv und erfolgreich am chemi- schen Recycling-Prozess. Auch wenn das mechanische Recy- cling von Kunststoffen als eine sehr praktikable Methode der Kunststoffwiederverwertung gilt, weist sie aufgrund der Schwierigkeiten bei der Abfalltrennung Grenzen auf. Mit che- mischem Recycling können diese Einschränkungen überwun- den werden. Der Doppelschneckenextruder ZSK von Coperion ist Teil eines neuen Aufbaus für chemisches Recycling an der Universität Gent. Er wird unter anderem mit einem Wirbelreaktor gekop- pelt sein; so fließt der geschmolzene Kunststoff direkt in den Reaktor. Es können verschiedene Technologien zur Umwand- lung der Kunststoffabfälle in Chemikalien eingesetzt werden, so zum Beispiel die katalytische Pyrolyse oder die thermo-che- mische Verarbeitung (Cracken). „Wir sind stolz darauf, die renommierte Universität Gent mit 39 Extrusion 6/2021 unserem Know-how und unserer Technologie bei ihren For- schungs- und Entwicklungsaktivitäten rund um das Chemische Recycling von Kunststoffen unterstützen zu dürfen. Wir sehen das Chemische Recycling als wegweisenden Prozess für die Rückgewinnung von Rohstoffen aus gemischten Kunststoffab- fällen. Mit dieser Methode wird es uns langfristig gelingen, un- sere wertvollen Ressourcen zu schonen. Sobald die Recycling- Anlage rund um den ZSK-Doppelschneckenextruder bei der Universität Gent ihren Betrieb aufgenommen hat, steht diese auch unseren Kunden für Tests zur Verfügung“, sagt Jochen Schofer, Business Segment Manager Recycling & Direct Extrusi- on bei Coperion. Coperion GmbH Theodorstr. 10, 70469 Stuttgart, Deutschland www.coperion.com
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