Extrusion 7-2018

51 Extrusion 7/2018 nauigkeit. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine ge- ringe Einzelwertgenauigkeit eine lange Mittelungszeit erforder- lich macht. Dabei droht die Gefahr, dass tatsächliche Produkt- variationen, die innerhalb dieser Mittelungszeit auftreten, durch die Mittelung künstlich geschönt werden – im schlimms- ten Fall sogar, dass die Spezifikation verletzt wird, ohne dass das Messgerät dies sichtbar macht. Wie sehr die Mittelung ei- nes Messwerts die Wahrnehmung beeinflussen kann, lässt sich bildlich am Beispiel des Temperaturverlaufs über eine Woche im September 2000 darstellen ( ). Der dargestellte „tatsächliche Wert“ besteht aus Einzelmessun- gen in zehnminütigem Abstand. Eine Mittelung über eine Stun- de glättet nur die Extremwerte. Über 12 Stunden gemittelt wer- den die täglichen Ausschläge der Temperatur geringer darge- stellt, als sie tatsächlich sind. Wird der Mittelwert über einen kompletten Tag gebildet, geht die Information über die tägliche Temperaturvariation vollständig verloren. Wenn ein definierter Temperaturbereich nicht verlassen werden darf bzw. beim Errei- chen bestimmter Temperaturen Prozesseingriffe erforderlich sind, wäre ein Gerät mit letzterer Mittelungstiefe nicht geeignet. Ein konkretes Beispiel aus dem Bereich der Messtechnik in der Rohr- und Schlauchextrusion ist die Durchmessermessung nach dem Schattenprojektionsverfahren mit rotierenden Spiegeln. Hier werden oftmals hohe Messraten angegeben, welche sich aus der Umdrehungsrate multipliziert mit der Anzahl der Facet- ten ergeben (Zanoni, 1973; Vossberg, 1981). Angaben zur Ge- nauigkeit werden allerdings auf Basis von Mittelwerten von bis zu einer Sekunde getroffen – der Grund hierfür liegt in der rela- tiv schlechten Einzelwertgenauigkeit. Das hat verschiedene Ur- sachen. Jede Einzelmessung erfolgt mit einer anderen Spiegel- Facette. Produktbewegungen während der Messung vergrö- ßern oder verkleinern das Produkt je nach Bewegungsrichtung, da die Messung beider Produktkanten nicht gleichzeitig, son- dern sequentiell erfolgt. Nicht zuletzt liegt die Durchmesserin- formation nur im Flankenübergang von dunkel nach hell und hell nach dunkel vor, den Rest der Zeit ist der Informationsge- halt der Messung gleich Null. Bei anderen Messverfahren hingegen, wie zum Beispiel dem Beugungssaumverfahren (Blohm, Sikora, & Beining, 2005), (Blohm, & Sikora, 2017), welches bei den Durchmessermesssys- temen der LASER Series 2000/6000 eingesetzte wird, werden Zeilenkameras verwendet ( ). Zum einen werden hier die Produktkanten gleichzeitig abgebildet, zum anderen ent- hält jeder einzelne Pixel in einem weiten Bereich außerhalb des Produktschattens die Information über die Produktkanten. Eine viel höhere Einzelwertgenauigkeit führt dazu, dass der Mess- wert nicht annähernd so lange gemittelt werden muss, um ihn für die Führung oder Charakterisierung eines Produktionspro- zesses zu verwenden. Ein reiner Vergleich von Messraten ohne Berücksichtigung dieser Umstände ist offensichtlich nicht aus- reichend. Für einen objektiven Vergleich zweier Messgeräte ist es daher zunächst wichtig, die Anforderungen des Prozesses klar zu de- finieren. Ebenso sollten die Katalogangaben der Hersteller hin- terfragt und auf eine vergleichbare Basis gebracht werden, so- dass die Investition in ein neues Messgerät sowohl zu einer Qualitätssteigerung, Prozessoptimierung als auch Kostenein- sparung führt. Autor : Dr. Hilmar Bolte, Forschung & Entwicklung/Leitung Analyse SIKORA AG Referenzen : - Blohm, W., & Sikora, H. (2017). Patentnr. US9797712B2. USA. - Blohm, W., Sikora, H., & Beining, A. (2005). Patentnr. US6922254B2. USA. - Vossberg, C. A. (1981). Patentnr. US4269514A. USA. - Zanoni, C. (1973). Patentnr. US3856412A. USA. Bild 3: Funktionsprinzip Durchmessermessung mit Laserdioden und Zeilensensoren Bild 4: LASER Series 6000 von SIKORA – absolut und wiederholgenau SIKORA AG Bruchweide 2, 28307 Bremen, Germany www.sikora.net Halle A6, Stand 6110

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