Extrusion 8-2020
Saugblasformen mit Stützlufteinbringung zur Verbesserung der Produktqualität Das Saugblasformen ist eine Produktionstechnologie zur Herstellung komplexer Hohlkörper, die im konventionel- len Extrusionsblasformen oft nicht herstellbar sind. Limi- tationen ergeben sich währen des Saugblasformprozesses beim Anlegen des Vorformlings an kritische Stellen ent- lang der Kavitätswand, an der die Kunststoffschmelze anhaftet. Dies führt zu ungleichmäßigen Wanddicken- verteilungen und Markierungen am fertigen Produkt. Durch simulative und praktische Untersuchungen sollen I m Mittelpunkt der Weiterentwicklungen des Extrusionsblas- formens stehen nach wie vor die Energie- und Ressourceneffi- zienz [FR10, FR12, GH00, GH01, Leo07, ST15]. Nur deren Opti- mierung sichert die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit des Verfahrens. Insbesondere ermöglicht die Technik des Saugblas- formens die wirtschaftliche Fertigung von komplexen, dreidi- mensional gewundenen Leitungen, wie sie beispielsweise für Kühlungs-, Heizungs- oder Klimatisierungssysteme im Automo- bil zum Einsatz kommen [JZM07]. Bei der Herstellung derartiger Bauteile im konventionellen Blasformen wird ein Vorformling mit deutlich größerem Durchmesser als die herzustellende Lei- tung benötigt. Beim Schließen des Werkzeugs wird das über- schüssige Material außerhalb der Formnestbereiche vom Werk- zeug abgequetscht. Dadurch wird ein Butzen erzeugt, der bis zu 1.000 Prozent der gesamt eingesetzten Kunststoffmenge ausmacht [NN01]. Durch das Aufschmelzen und das Rezyklie- ren bei der Rückführung des überschüssigen Materials sowie dem aufgrund der umlaufenden Quetschnaht hohen Schließ- kaftbedarf muss sehr viel Energie aufgewendet werden [NN01]. Beim Saugblasformen wird der extrudierte Vorformlings- schlauch direkt aus dem Blaskopf in das darunter befindliche, geschlossene Werkzeug gesaugt. Dabei gleitet der Schlauch auf einem von einer auf der Werkzeugunterseite angeschlosse- nen Saugvorrichtung erzeugten Luftstrom in das Werkzeug hinein. Da der Vorformling in das geschlossene Werkzeug ein- gesaugt wird, kann der Durchmesser auf das Endprodukt abge- stimmt werden, sodass keine unerwünschten Abquetschberei- che entstehen. Durch die Vermeidung von Quetschnähten und Butzen sind der Material- und Energieverbrauch deutlich redu- ziert [NN00, Ren93]. Der Luftstrom, der es dem Vorformling er- laubt, durch das geschlossene Werkzeug zu gleiten, kann bei sehr komplexen Geometrien und insbesondere kleinen Radien abreißen. Dies führt dazu, dass der Vorformling zumindest zeit- weise an der Formnestoberfläche haftet [NN08] und entweder gar nicht ausgeformt werden kann oder durch den vorzeitigen Kontakt mit dem Werkzeug in diesen Bereichen bereits abkühlt und sich beim anschließenden Aufblasvorgang nicht mehr so 46 Blasformtechnologie – Aus der Forschung Extrusion 8/2020 Bild 1: Randbedingungen der Saugblasformsimulation weit wie die übrigen Bereiche des Vorformlings verstrecken lässt [HM15]. Es bildet sich eine Dickstelle, die im späteren Pro- dukt eine optische Fehlstelle darstellt. Eine häufig genutzte Möglichkeit, dem zu begegnen, ist der Einsatz von Öl als Schmiermittel, das den Vorformling besser durch das Werkzeug gleiten lässt [Ket09]. Der Einsatz des Schmiermittels bringt aber wiederum den Nachteil mit sich, dass Öl sich auf der Bauteilo- berfläche ablagert und die Nachbearbeitung erschwert [NN08]. Um diesen prozesstechnischen Herausforderungen zu begeg- nen, wurde bereits im Jahr 1988 von Sadr der Einsatz von Druckluftdüsen insbesondere an heiklen oder exponierten Stel- len der Formoberfläche vorgeschlagen, um eine Luftschmie- rung zu erzeugen [Sad88]. Allerdings ist die Integration solcher Düsen in das Werkzeug sehr aufwendig und daher kostenin- tensiv. Um ein entsprechendes Luftpolster zu erzeugen, wird ei- ne Vielzahl an sehr feinen Düsen benötigt, die mit einem gerin- gen Abstand zueinander positioniert sind. Neue Entwicklungen im Bereich der Werkzeugtechnik, insbe- sondere im Bereich des Selective Laser Melting (SLM) oder auch die kritischen Stellen im Werkzeug identifiziert werden, sodass durch eine gezielte Stützlufteinbringung das Anliegen des Vorformlings verhindert werden kann. Als kritische Stelle konnten Innenradien im Werkzeug identi- fiziert werden. Hier entsteht aufgrund eines Druck- gefälles zwischen Werkzeuginnen und -außenseite eine Kraft auf den Vorformling. Eine lokale Stützlufteinbrin- gen kann diese Druckgefälle ausgleichen und so ein Anliegen des Vorformlings verhindern.
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