Extrusion 1-2017

Digitalisierung und Vernetzung der Produktion prägen die “Vierte industrielle Revolution”. Um beste Voraussetzungen für die Heraus- forderungen der Industrie 4.0 zu schaffen, brauchen produzierende Unternehmen hochflexible, vernetzte und anpassungsfähige Produktionsmittel. Ein hohes Potenzial zur Produktivitätssteige- rung birgt die Verwendung intelli- genter Spanntechnik. Das Fraun- hofer IPT entwickelt nun gemein- sam mit Partnern ein flexibles, mechatronisches Spannsystem mit aktiver Schwingungsdämpfung, um Fräsprozesse stabiler und wirtschaftlicher zu gestalten. F ür die Industrie-4.0-Produktion müs- sen nicht nur Informationen effektiv und effizient verarbeitet werden, son- dern die Produktionsmittel selbst müssen physisch in der Lage sein, ihre geometri- sche Form und Kinematik flexibel an die jeweilige Aufgabe anzupassen. Eine stei- gende Produktvielfalt bildet für zerspa- nende Herstellungsverfahren eine große Herausforderung. Denn Fräsprozesse, vor allem bei lang auskragenden und dünnwandigen Bauteilen, werden durch Schwingungen oft stark in ihrer Leis- tungsfähigkeit beeinträchtigt. Ziel des Projekts “FixTronic” ist es des- halb, ein mechatronisches Stabilisie- rungssystem zu entwickeln, das Prozess- schwingungen und Instabilitäten durch aktive Schwingungsdämpfung und Drehzahlanpassung der Maschinenspin- del minimiert: So werden während der Fräsbearbeitung Informationen über den Zustand des Werkstücks anhand von Sensoren im Spannsystem erfasst und mit einer adaptiven Regelung verknüpft. Durch Piezoaktoren wird eine gezielte Gegenschwingung im Werkstück er- 24 Aus der Forschung – Industrie 4.0 Extrusion 1/2017 zeugt, die die Schwingungen deutlich re- duziert. Das “FixTronic”-Stabilisierungssystem er- möglicht so den Einsatz leistungsfähiger Prozessparameter bei gleichzeitig hoher Qualität der Produktionsergebnisse. Durch die adaptive Regelung des Sys- tems können Werkstücke mit unter- schiedlicher Geometrie prozesssicher eingespannt werden – dadurch schließt sich die Flexibilitätslücke in der zerspa- nenden Fertigung. Die Vernetzung des Spannsystems mit der Werkzeugmaschi- ne ermöglicht die effektive Überwa- chung des Stabilitätsverhaltens im Werk- stück und erlaubt so die prozesssichere Bearbeitung mit leistungsfähigen Para- metern. Schwingungen führen zu einer schlech- teren Oberflächenqualität des Werk- stücks, höherem Werkzeugverschleiß, stärkerer Geräuschentwicklung und hö- heren Fertigungstoleranzen. Häufig wer- den einfach die Prozessvorschübe redu- ziert, um die Bearbeitungskräfte niedrig zu halten und so die Schwingungen zu minimieren: Dies verlangsamt jedoch Industrie 4.0 im Fräsprozess: Flexible, mechatronische Spannsysteme mit aktiver Schwingungsdämpfung den Prozess und erhöht die Herstellungs- kosten des Bauteils. Gleichzeitig werden die Schwingungserscheinungen auf die- se Weise nur reduziert, Werkzeug und Werkstück können aber dennoch be- schädigt und sogar unbrauchbar wer- den. In Versuchen lassen sich für Serien- prozesse geeignete Bearbeitungspara- meter für ein stabiles Prozessfenster er- mitteln, jedoch sind solche Versuche auf- wändig und teuer und es entsteht viel Ausschuss. Für die Industrie-4.0- Produktion, bei der flexibel individuali- sierte Teile in der Stückzahl 1 hergestellt werden sollen, ist die Suche nach einem stabilen Prozess durch Versuche nicht der richtige Weg – hier gilt es andere Lösun- gen zu finden. Durch den neuen Ansatz im “FixTronic”- Projekt wird das Werkstück selbst zum cyberphysischen System im Sinne der In- dustrie 4.0 und so zum Informationsträ- ger für die autonome Prozesssteuerung durch das Produkt. Das Projekt “FixTro- nic” verbindet die Stärken von Unterneh- men und Forschungseinrichtungen ver- schiedener nordrhein-westfälischer Das aktive Stabilisierungssystem FixTronic ermöglicht eine höhere dynamische Prozessstabilität in der Fräsbearbeitung (Bild: © Foto Fraunhofer IPT)

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