Extrusion 3-2025

eröffnete FET im Jahr 2023 sein Faserentwicklungszen- trums (FDC). Das zweistöckige Gebäude bietet eine breite Palette an Faserextrusionssystemen auf dem neuesten Stand der Technik. Zweck ist, in enger Zusammenarbeit mit den Kunden sowie mit den Rohstoffherstellern und mit Forschungsinstituten wissenschaftliche und produktions- technische Lösungen für eine optimale Faserherstellung zu finden. Die Versuche, Untersuchungen und Tests im Fa- serentwicklungszentrum umfassen nahezu alle denkbaren Materialien. Extrudierte Garne und Fasern für medizinische Anwendungen Im Jahr 2012 löste die Anfrage eines Kunden bei FET eine Zeitenwende aus. Der Kunde – selbst Marktführer in sei- nem Fachgebiet – suchte eine schlüsselfertige Lösung für die Verarbeitung von Materialien wie etwa resorbierbaren Polymeren für die Verwendung als chirurgisches Nahtma- terial und andere Medizinprodukte. In Zusammenarbeit mit Motan Colortronic LTD UK und den Lieferanten von synthetischen resorbierbaren Poly- meren entschied sich FET für das Entwicklungsprojekt. Dazu waren zunächst die Produktanforderungen zu ermit- teln, unter anderem: • Extrem niedriger und gleichmäßiger Feuchtegehalt des Materials • Additive müssen auch bei unterschiedlichen Extruder- durchsätzen konstant und mit einer Genauigkeit von 0,02 Prozent dosiert werden • Produktspezifische Reißfestigkeit und Längenelastizität • Die hergestellten Produkte müssen biokompatibel und frei von Verunreinigungen sein Darüber hinaus sind die regulatorischen Forderungen zu berücksichtigen. So ist beispielsweise für Reißkraft und Knüpfeigenschaften neben Ausgangsmaterial und Faden- aufbau besonders die Fadenstärke entscheidend. Deren Einteilung ist verbindlich geregelt. Zwar gelten Nahtmate- rialien als Medizinprodukte, doch werden die normativen und behördlichen Anforderungen im Europäischen Arz- neibuch geregelt. In der EU und weiteren verbundenen Ländern wird das Dezimalsystem gemäß der Europäischen Pharmakopöe (EP) angewandt, bei der die Durchmesser- bezeichnung metrisch ist. Obwohl die Klassifizierung nach EP rationeller ist, wird in der Praxis überwiegend die USP (United States Pharmakopeia) angewandt. Als Beispiel: Nahtmaterial der Fadenstärke 10-0 USP entspricht der Fa- denstärke 0,2 EP und hat einen Durchmesser von 20 µm. Aus wirtschaftlicher Sicht ist zudem zu berücksichtigen, dass teils auch Materialien verarbeitet werden, die mit gut 2.500 GBP (circa 3.000 €) je Kilogramm und mehr zu Buche schlagen. Was den Herstellprozess betrifft stellte sich heraus, dass herkömmliche Schmelzspinnverfahren in diesem Fall un- geeignet sind. Folglich entwickelte FET mit den Partnern zunächst ein modifiziertes Schmelzspinnverfahren. Nach weiteren Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Spezi- allabor von FET, das mit einem Prototyp der Motan Color- tronic-Materialhandhabungslösung ausgestattet war, wurde in der zweiten Jahreshälfte 2012 eine Weiterent- wicklung der Maschine und der Materialhandhabung für diesen einzigartigen Prozess erforderlich. Aus der engen Zusammenarbeit der technischen Teams von FET und Motan Colortronic ergaben sich etliche Lö- sungsansätze, die schließlich umgesetzt wurden, darunter: • Host-Schnittstelle des Mischers zur Bedienerschnitt- stelle der Maschine • Weitere Reduzierung des Endfeuchtegehalts des Materials • Verbesserte Genauigkeit bei der Dosierung der Additive • Reduzierung des Energieverbrauchs des gesamten Prozesses (minimaler W/kg-Verbrauch) • Automatische Spinnkopfanpassung der Dosieranlage für extrem schnelle Durchsatzänderungen Bild 4 (FET): Multifilamentanlage im FET-Faserentwicklungszentrum Bild 5 (FET): Multifilamentsystem im FET-Faserentwicklungszentrum Extrusion 3/2025 25

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