Extrusion 4-2023

35 Extrusion 4/2023 Werkstoffe – Aus der Forschung In dem Projekt RUBIO lassen 18 Partner die Vision einer nach- haltigen Kunststoffwirtschaft Realität werden. Ihr Ziel: Aus regional verfügbaren pflanz- lichen Reststoffen entstehen vielseitig einsetzbare nach- haltige Produkte, die recycling- fähig und biologisch abbaubar sind. Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP entwickelt im Rahmen des Projekts neuartige Typen des Biokunststoffs Polybutylen- succinat (PBS), damit er für deutlich mehr Anwendungen eingesetzt werden kann. Gemeinsam mit der Firma POLIFILM EXTRUSION GmbH hat das Fraunhofer IAP ein erstes marktfähiges Produkt entwickelt. Biokunststoffe werden attraktiver für die Industrie B iokunststoffe stellen zunehmend eine Alternative zu erdöl- basierten Kunststoffen dar. Diese nachhaltigen Materialien bringen einige Vorteile mit: Sie werden auf Basis nachwachsen- der Rohstoffe hergestellt und tragen dazu bei, die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen und CO 2 -Emissionen in die Umwelt zu reduzieren. Sie können biologisch abbaubar sein und verfügen über Verarbeitungseigenschaften, die mit denen klassischer erd- ölbasierter Kunststoffe vergleichbar sind. Wie klassische Kunst- stoffe können auch Biokunststoffe sortiert, fraktioniert und recycelt werden. Warum werden erdölbasierte Kunststoffe nicht einfach durch Biokunststoffe ersetzt? Trotz des hohen Potenzials gibt es eine Reihe von Faktoren, die Firmen davon abhalten, ihre Produkte aus Biokunststoffen her- zustellen: Weltweit gibt es nur wenige Hersteller, die Biokunst- stoffe auf dem Markt anbieten. Für Kunststoffverarbeiter verursacht das Probleme bei der Versorgungssicherheit, höhere Kosten sowie eine zu geringe Auswahl an verschiedenen Typen von Biokunststoffen, um die Vielzahl möglicher Anwendungen zu realisieren. Außerdem gibt es technischen Verbesserungsbe- darf und oft ist nicht klar, für welche spezifischen Anwendungen sich Biokunststoffe eignen. Schließlich werden Biokunststoffe aktuell häufig aus Zuckerrohr und Mais hergestellt – also po- tenziellen Nahrungs- oder Futtermitteln, was eine “Tank-oder- Teller”-Diskussion aufbringen könnte. Neue PBS-Typen ermöglichen vielfältigere Einsatzbereiche Der Entwicklungsbedarf in diesem Bereich ist also groß. Ex- pert*innen vom Fraunhofer IAP gehen diese Hürden gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie im vom BMBF ge- förderten Projekt “Regionales unternehmerisches Bündnis zum Aufbau von Wertschöpfungsketten für technische Biokunst- stoffe in Mitteldeutschland”, kurz RUBIO, an. Thomas Büsse, der bei RUBIO das Verbundprojekt “Verarbeitung” koordiniert und das Verarbeitungstechnikum Biopolymere Schwarzheide in Bran- denburg des Fraunhofer IAP leitet, erklärt: “Je nach Anwendung bzw. Verarbeitungsverfahren muss der eingesetzte Kunststoff hart oder weich, vielleicht auch zähfließend oder dünnflüssig sein. Bisher gibt es auf dem Markt aber nur drei PBS-Typen, und diese eignen sich lediglich für eine eingeschränkte Zahl an Ver- arbeitungsverfahren und Anwendungen.” Daher entwickelt das Team der Abteilung “Polymersynthese” von Dr. Antje Lieske am Fraunhofer IAP in Potsdam, Brandenburg, ganz neue Typen von PBS, die mit einer deutlich breiteren Palette an Verfahren verar- beitet werden können – vom Blasformen bis zum Spritzgießen. Somit vergrößert das Forschungsteam auch das Portfolio an möglichen Anwendungen. Das Know-how der Polymerspezialist*innen am Fraunhofer IAP geht dabei deutlich über die reine Entwicklung von Synthese- verfahren für neue Biokunststofftypen hinaus. Im Synthesetech- nikum des Fraunhofer-Pilotanlagenzentrums für Polymersyn- these und -verarbeitung PAZ in Schkopau, Sachsen-Anhalt, über- Die im Rahmen des RUBIO-Projekts entwickelten Biokunststofffolien aus PBS sind recyclingfähig, biologisch abbaubar und können auf gängigen Extrusionsanlagen verarbeitet werden (©POLIFILM)

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