Extrusion 5-2024

streckbarkeit des Kunststoffs, λ die Relaxationszeit und η p die Nullviskosität. τ ist der Schubspannungstensor und D der Ver- formungsgeschwindigkeitstensor, während u und t jeweils den Geschwindigkeitsvektor und die Zeit bezeichnen. (Gl. 1) Üblicherweise werden für die Kalibrierung von viskoelastischen Materialmodellen Daten aus der Rotationsrheometrie eingesetzt. Diese sind jedoch nicht nur aufwendig in der Erfassung und wenig öffentlich verfügbar, sondern decken auch nur einen Schergeschwindigkeitsbereich bis max. 10 s -1 ab. Beim Blasfor- men treten jedoch zumeist Schergeschwindigkeiten im Bereich 1 bis 100 s -1 auf, welcher deutlich besser im Hochdruck-Kapil- larrheometer (HKR) abgedeckt wird [Sch20]. Die Modellpara- meterbestimmung erfolgte durch eine automatische Optimierungsmethode mithilfe der Open-Source Optimierungs- software DAKOTA (Sandia National Laboratories, Albuquerque, New Mexico, USA). Dabei wurde der Schmelzebereich des HKR in OpenFOAM nachgebildet und die Strömung zu den gemes- senen Prozesspunkten simuliert, wobei für die erste Simulation zufällig bestimmte Parameter für das PTT-Modell eingesetzt wur- den. Aus der Differenz zwischen den im HKR gemessenen und den simulierten Druckverlusten für alle Stempelgeschwindigkei- ten wurde ein Fehler berechnet. Anhand dieses Fehlers wurden dann durch DAKOTA die nötigen Anpassungen der PTT-Modell- parameter in der Simulation vorgenommen und so lange iteriert, bis ein lokales Optimum gefunden wurde. So konnte der initiale Fehler zwischen Simulation und Messdaten von 80 Prozent auf einen durchschnittlichen Fehler von weniger als 10 Prozent re- duziert werden, mit einer besonders guten Abbildbarkeit für Schergeschwindigkeiten über 10 s -1 , bei denen ein besonders stark ausgeprägtes Schwellverhalten erwartet wird. 27 Extrusion 5/2024 Ein großer Vorteil dieser Methode ist, dass sie nicht nur für im Labor erfasste HKR-Daten geeignet ist, sondern auch für belie- bige andere Formen von Rheometriedaten. Aus diesem Grund wurde ein Inline-Rheometer entwickelt, welches die nötigen rheometrischen Daten an der laufenden Blasformanlage erfas- sen kann. Für die Simulation von Schwell- und Auslängeffekten sind Informationen sowohl über die Dehn- als auch die Scher- viskosität der Schmelze essenziell. Das entwickelte Rheometer verfügt über drei Drucksensoren, die an definierten Positionen im Fließkanal platziert sind. Der dadurch gemessene Druckverlust setzt sich aus den Scher- und Dehnanteilen zusammen, auf die bei einer geeigneten Wahl der Fließkanalgeometrie im Rheome- ter geschlossen werden kann. Das Rheometer wurde so ausge- legt, dass ein ausreichend hoher Druckverlust vorliegt, um durch Materialschwankungen hervorgerufene Änderungen im Druck- verlust des Fließkanals detektieren und in eine entsprechende Viskosität überführen zu können. Zeitgleich darf der Druck durch die Leistungsbegrenzung des Extruders nicht zu hoch sein. Aus diesen Randbedingungen konnte durch iterative Anpassung der Geometrie und die damit verbundene Berechnung der Druck- verluste das in Bild 1 dargestellte Inline-Rheometer abgeleitet werden. Bei den praktischen Versuchen werden für ein PE-HD und ein PE-LD Durchsätze zwischen 10 und 50 kg/h sowie Ver- arbeitungstemperaturen zwischen 170 und 210 °C angefahren. Das Rheometer wurde für ein PE-HD (Lupolen 5021DX, Lyon- dellbasell Industries N.V., Rotterdamm, NL) so ausgelegt, dass in- nerhalb dieses Versuchsparameterraums ein maximaler Druckverlust von 200 bar nicht überschritten wird. Im Messbe- reich des Rheometers resultiert ein Dehndruckverlust zwischen P 1 und P 2 von 25 bar und ein Scherdruckverlust zwischen P 2 und P 3 von 140 bar. Aus diesen separaten Druckverlusttermen kann nun auf die Scher- bzw. Dehnviskosität geschlossen werden. Bei einer Ma- terialcharakterisierung im HKR wird die Scherviskosität über den Druckverlust der Schmelze bei konstantem Kanaldurchmesser und unterschiedlicher Düsenlängen berechnet [MHMS11]. Die Scherdruckverluste Δ p scher werden für ein Rohr, im Fall des HKR eine Kapillare, mit (Gl. 2) aus dem Volumenstrom V, der Rohr- länge L, dem Rohrradius R und der Scherviskosität η berechnet [Sch20]. (Gl. 2) Auf diese Weise kann bei bekannten geometrischen Abmes- sungen und dem gemessenen Scherdruckverlust auf die Scher- viskosität geschlossen werden. Analog hierzu dienen im Rheometer die Drucksensoren an den Positionen P 2 und P 3 . Die Dehndruckverluste sind gleichzusetzen mit den Einlaufdruck- verlusten im HKR. Um die Dehnviskosität zu berechnen, muss im Fließkanal eine Durchmesseränderung vorliegen. Nach Gib- son kann durch den Druckverlust zwischen zwei Messpunkten mit Durchmesseränderung, bei bekanntem Scherdruckverlust, auf den Dehndruckverlust geschlossen werden [Gib89]. Durch die Berechnung des Scherdruckverlusts zwischen den Sensoren P 2 und P 3 kann der Scherdruckverlust zwischen P 1 und P 2 ap- Bild 2: Definition der Schwellcharakteristika D a, Düse D i, Düse D i, Vorformling D a, Vorformling .

RkJQdWJsaXNoZXIy ODIwMTI=