Extrusion 8-2022

25 Extrusion 8/2022 chemisch geschäumte Folien sowie PET und PE Schaumplatten) wurde das optimale Beleuchtungsverfahren zur Erzeugung kon- trastreicher Aufnahmen der Schaumstruktur ermittelt. Hierbei erwies sich sowohl für die Auflichtaufnahme der Schaumblas- folien als auch für die unterschiedlichen Schaumplatten die Dun- kelfeldmethode ( Bild 1 ) mit zwei parallel zueinander angeord- neten Strahlern, einem Einfallswinkel von 82,5° und einem Strahlerabstand von 28,3 cm als optimal. Die Aufnahme der Bilder erfolgte über ein in Python mit der Bild- verarbeitungsbibliothek OpenCV entwickeltes Skript, in dem in festgelegten Zeitabständen automatisiert die Schaumstruktur er- fasst werden kann. Die erfassten Bilder wurden daraufhin mit Meta-Daten des Herstellungsprozesses versehen, die Informa- tionen wie Anlagennummer, Produktionszeit, Zielwerte der zu produzierenden Schaumstruktur sowie den aktuellen Maschi- neneinstellungen der Anlage beinhalten. Zusammen mit den Meta-Daten wurden die Bilder entkoppelt vom Produktionspro- zess in einer Datenbank abgespeichert und an einen für die Schaumstrukturanalyse optimierten Server-PC weitergereicht. Die lokale Trennung der Bildaufnahme im Technikum oder der Produktion und der Bildverarbeitung in einem separaten Server- raum bietet für die praxisnahe industrielle Implementierung di- verse Vorteile. So können die Berechnungscomputer einerseits von den Umgebungseinflüssen der Produktion (Schmutz, Luft- feuchte etc.) abgeschirmt werden und weiterhin kann ein ein- zelner Auswertungscomputer mehrere Produktionsanlagen gleichzeitig verwalten. Zur Erschaffung eines großen Datensatzes unterschiedlicher Schaumstrukturen wurden an den Technikumsanlagen des IKV physikalisch und chemisch geschäumte Blasfolien hergestellt. Hierfür wurde eine 3-Schicht-Blasfolienanlage der Firma Kuhne Anlagenbau GmbH, St. Augustin, zur Herstellung von Folien im A-B-A Aufbau mit geschäumter Innenschicht genutzt. Der A-B- A-Folienaufbau wurde mittels zweier 45-mm-Einschnecken des Typs KFB 45/600 (L/D=24) sowie eines Einschneckenextruders des Typs KFB 35/600 (L/D=20) realisiert. Bei den für die Versuche verwendeten Schnecken handelte es sich um 3-Zonen- Schnecken mit Scher- und Mischelementen. Zur Herstellung von Schaumfolien mit möglichst unterschiedlichen Strukturen kamen PE-LD (2102N0W, 2102X0) und PE-HD (F4520, FO4660) der Firma Sabic Europe, Geleen (NL) zum Einsatz. Das physikalische Treibmittel Kohlenstoffdioxid (CO 2 ) wurde für die physikalische Schaumextrusion mittels Optifoam-Technologie der Firma Pro- mix Solutions mit Sitz in Winterthur, Schweiz, in die Schmelze des Extru- ders der Mittelschicht injiziert. Die geschäumte Innenschicht wurde von kompakten, aber sehr dünnen und optisch transparenten Randschichten begrenzt. Für die che- misch geschäumten Schaumfolien wurde das Schäumungs- und Nukleierungsmittel Hydrocerol CF 40E der Firma Avient, Avion Lake, Ohio, USA, verwendet. Zur Analyse von Schaumplatten wurden PET-Hartschaumplatten der Firma Armacell Internatio- nal S.A, Thimister-Clermont, Belgien mit unterschiedlichen Ab- zugsgeschwindigkeiten und Polyethylenschäume der Firma NMC SA, Weiswampach, Luxemburg mit variierenden Schaumdichten betrachtet. Zur Generierung eines Datensatzes für das Training neuronaler Netze für die automatisierte Schaumzellsegmentierung mussten an den hergestellten Schaumextrudaten zunächst händische An- notationen durchgeführt werden. Hierfür wurden unterschied- lichste Aufnahmen der Schaumstrukturen manuell segmentiert. Das Vorgehen des Annotationsprozesses ist in Bild 2 veran- schaulicht. Bei den erstellten Annotationen repräsentieren schwarze Pixel die Zellstege der Schaumzellen während weiße Bereiche die Zellen darstellen. Zur Verbesserung der Zellsegmentierung gegenüber den schwarz-weiß annotierten Bildern wurde eine Nachbearbeitung der annotierten Bilder mit der vom Max-Planck-Institut für mo- lekulare Zellbiologie entwickelten StarDist-Bibliothek durchge- führt [SWBM18]. Die StarDist-Bibliothek verwendet sternförmig- konvexe Polygone zur Repräsentation der einzelnen Zellen. Hier- bei kann die Anzahl der Kanten des Polygons frei gewählt wer- den, um die Darstellungsgenauigkeit auf Kosten der Auswer- tungsgeschwindigkeit anzupassen. Als Kompromiss zwischen hoher Detailtreue und einer schnellen Auswertung, wie sie für eine inlinefähige Anwendung der Schaumstrukturanalyse erfor- derlich ist, wurden 16-Kanten-Polygone gewählt, die angewen- det auf die annotierten Schaumbilder zu einer sehr guten Repräsentation der Schaumzellen führten. Die Erstellung der Polygone an die individuellen Zellen erfolgt bei StarDist anhand von zwei verschiedenen Segmentierungen. Zunächst wird eine Wahrscheinlichkeitskarte aus den annotier- ten Bildern generiert. In dieser Wahrscheinlichkeitskarte wird jedem Pixel der Schaumbilder eine Wahrscheinlichkeit zugeord- net, ein Zellmittelpunkt der jeweiligen Schaumzellen zu sein (P(x)). Zusätzlich werden die Zellen in mehrere Distanzkarten seg- mentiert. Da die Approximationen der Schaumzellen durch 16- Kanten-Polygone erfolgte, wurden für jede Annotation 16 einzelne Abstandskarten berechnet, in denen der Abstand D(x, ϕ ) jedes Pixels zum nächsten erwarteten Zellsteg in eine der Bild 2: Händischer Annotations- prozess der Schaumbilder Chemisch und physikalisch geschäumte Schaumblasfolien 1 cm 1 cm 1 cm 1 cm 1 cm Bildaufnahme aus Messaufbau Händische Segmentierung PET Hartschaumplatten Segmentierte Bildaufnahme 1 cm

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