Schnelle Produktwechsel in der Extrusion
Forschung im Exzellenzcluster zeigt
bessere Spüleigenschaften bei additiv
gefertigten Werkzeugen
Die Herstellung von Kunststoffprofilen und
-folien erfolgt mit hochentwickelten Werk-
zeugen, deren Geometrien genau auf die
Fließeigenschaften der Kunststoffe abge-
stimmt sind. Diese Abstimmung bedarf oft
langer Iterationsschleifen in Simulation und
Experiment. Diese Schleifen stellen einen
erheblichen Kosten- und Zeitfaktor dar und
bedrohen perspektivisch die Fertigung in
Hochlohnländern.
D
as Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und
Handwerk an der RWTH Aachen erforscht im Exzellenzclu-
ster „
Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer
“ zu-
sammen mit den Forschungspartnern CATS (Computergestütz-
te Analyse technischer Systeme), ILT (Institut für Lasertechnik)
und WZL (Werkzeugmaschinenlabor) an der RWTH Aachen ei-
nen neuartigen Ansatz, um manuelle Versuche und Auswertun-
gen durch einen automatischen Algorithmus zu ersetzen. Aller-
dings liefert der Algorithmus Geometrien, die mit konventio-
nellen Fertigungsverfahren nicht immer abzubilden sind.
Hier bietet sich die additive Fertigung an: Aus Stahlpulver wird
durch lokales Aufschmelzen kompakter Feststoff. Die Verwen-
dung von optischen anstelle von konventionellen mechani-
schen Bearbeitungsverfahren erhöht die Gestaltungsfreiheit:
Einerseits können sehr komplexe Konturen abgebildet werden,
andererseits entfällt die Beschränkung auf eine maximale Bear-
beitungstiefe. Ein Profilwerkzeug muss also nicht mehr aus
zahlreichen Scheiben aufgebaut sein. Diese neue Produktions-
technik erspart Entwicklungs- und Fertigungsaufwand.
Die beim Aufschmelzen des Pulvers zwangsläufig entstehende
Rauigkeit der Werkzeugoberfläche ist Fluch und Segen zu-
gleich: Sie muss zwar am Austrittsende des Werkzeugs auf ein
geringes Maß gesenkt werden, damit die produzierten Kunst-
stoffoberflächen selber eine akzeptable Oberfläche aufweisen,
sie bewirkt aber auch ein deutlich verbessertes Spülverhalten.
So konnte bei einem Laborversuch nachgewiesen werden, dass
ein Farbwechsel in einem additiv gefertigten Extrusionswerk-
zeug um 25 Prozent schneller als beim konventionell gefertig-
ten Werkzeug möglich ist.
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Aus der Forschung –
Extrusionswerkzeuge
Extrusion 5/2017
Additiv gefertigtes Demonstratorwerkzeug
(Foto: IKV/Fröls)
Als Demonstrator des Exzellenzclusters wurde von den For-
schern in den Bereichen Strömungssimulation, additive Ferti-
gung, Werkzeugmaschinen und Kunststofftechnik ein Extrusi-
onswerkzeug ausgelegt und mittels additiver Fertigung herge-
stellt. Dieses Demonstrationswerkzeug verdeutlicht ein Produk-
tionssystem, in dem die Auslegung automatisch ohne langwie-
rige Versuchsreihen erfolgt. Gleichzeitig wird die Fertigung in
einem einzigen vollautomatischen Prozessschritt realisiert. Die
Anzahl der Montageschritte wird reduziert und das bessere
Spülverhalten erlaubt zum Beispiel deutlich schnellere Farb-
wechsel.
Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
forschen im Exzellenzcluster „
Integrative Produktionstechnik
für Hochlohnländer
“ mehr als 25 Institute der RWTH Aachen
gemeinsam an nachhaltigen Lösungen, um die Produktions-
technik in Europa zukunftsfähig zu halten. Die Erkenntnisse der
Forschung werden unter anderem in zahlreichen Folgeprojek-
ten weiterentwickelt, in die sich Interessenten in verschiedener
Form einbringen können.
Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV)
in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen
Malte Schön,
M.Sc., Extrusionswerkzeuge | CAE
Seffenter Weg 201, 52074 Aachen, Germany
www.ikv-aachen.de www.produktionstechnik.rwth-aachen.de